Grüner Ammoniak – Energieträger der Zukunft
Bei Ammoniak denken die meisten wahrscheinlich an ein Gas, das v.a. als industrieller Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Dass es auch als Energieträger dienen kann, ist weniger bekannt. Doch das ist keine Science-Fiction. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die Straßenbahnen in New Orleans mit Ammoniak betrieben und in den 1940er Jahren fuhren damit in Belgien die Busse. In den USA wurde sogar ein Pkw hergestellt, der 1981er Chevrolet Impala, der dieses Gas tanken konnte. In Zukunft soll Ammoniak v.a. in Schiffen, aber auch in der stationären Energieerzeugung und in landseitigen Schwerlastverkehr zum Einsatzkommen. Alternative Treibstoffe für die Schifffahrt sind von hoher Bedeutung, denn hier kommt bisher meist Schweröl zum Einsatz – der klimaschädlichste aller Treibstoffe. Bei der Verbrennung von Ammoniak in Motoren bzw. der Verstromung in Brennstoffzellen entstehen dagegen keine Rußpartikel oder Kohlendioxid, sondern nur Stickstoff und Wasserdampf. Der geringe Anteil von Stickoxiden, der im Verbrennungsprozess entsteht, kann über etablierte Abgasbehandlungsverfahren in Stickstoff rückgewandelt werden.
Ammoniak ist einer der am meisten produzierten chemischen Grundstoffe weltweit. Es hat die chemische Formel NH3, besteht also aus einem Stickstoff- und drei Wasserstoffatomen. Beim am häufigsten verwendeten Produktionsprozess, dem Haber-Bosch-Verfahren, reagieren die Gase Stickstoff und Wasserstoff unter hohem Druck (150–300 bar) und hohen Temperaturen (400–500 °C) an einem Eisenkatalysator. Die Reaktionsgleichung sieht folgendermaßen aus: N2 +3H2 → 2NH3. Dieses zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte Verfahren ist allerdings schädlich fürs Klima. Der Wasserstoff wird hier aus Erdgas oder Kohle reformiert, wobei Treibhausgase freigesetzt werden.
Klimafreundlich lässt sich Wasserstoff durch Elektrolyse gewinnen, dabei wird Strom aus Erneuerbaren Energien eingesetzt. Das Wasser wird in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Um in einem weiteren Schritt Ammoniak zu erzeugen, werden Stickstoff-Moleküle mittels eines Katalysators in Stickstoffatome aufgespalten, die dann mit dem Wasserstoff zu NH3 reagieren. Dieses Verfahren ist zwar klimaschonend, die Produktionskosten sind aber relativ hoch. Im CAMPFIRE werden neue Verfahren entwickelt, um zukünftig aus Wind- und Solarstrom grünen Ammoniak herzustellen. In diesen kommen keramische Dünnschichtmembranen zum Einsatz, so dass NH3 direkt synthetisiert wird. Das erhöht die Effizienz und verbessert die Wirtschaftlichkeit. Ein weiteres Verfahren ist die Weiterentwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens für die flexible Einspeisung von grünen Wasserstoff. Beide Ansätze eignen sich für die saisonale Ammoniak-Produktion und Speicherung von erneuerbarer Energie.
Gegenüber der Produktion kohlenstoffbasierter synthetischer Energieträger wie Methan oder Methanol hat das stickstoffbasierte grüne Ammoniak einen entscheidenden Vorteil: Stickstoff ist mit knapp 80 Prozent der Hauptbestandteil der Atmosphäre, während Kohlenstoff in der Luft nur in Form von Kohlendioxid vorkommt, welches lediglich 0,4 Prozent ausmacht. Im verflüssigten Zustand gegenüber reinem Wasserstoff hat Ammoniak den Vorteil, dass die Energiedichte höher ist. Pro Kubikmeter Volumen enthält es 50 Prozent mehr Energie. Außerdem verflüssigt es sich schon bei ‑33° Celsius statt bei ‑235° Celsius, ist dadurch wesentlich energieeffizienter und lässt sich leichter speichern und transportieren.